Über das Warten

 

Die Beschleunigungsanforderungen der Leistungsgesellschaft haben ein weiteres Phänomen hervorgebracht: Den Ärger und das negative Gefühl beim Warten. Warten wird, wo immer es möglich ist, abgeschafft.  Sogar den Waren erspart man das Warten in firmeneigenen Lagern, man liefert „just-in-time“. Die Lager sind mobil geworden und fahren als LKW auf der rechten Spur der Autobahn.
Wir können das Warten schwer ertragen, schließlich ist sie kostbare Lebenszeit, die unproduktiv verschwendet wird.
Wenn wir reisen, dann gibt es meist nur noch die Abfahrt und die Ankunft. Die Zeit dazwischen, die eigentliche Reise, wird zur eigentlich unnötigen Wartezeit, die möglichst per Jet zu verkürzen ist. Das Warten bringt uns aber womöglich auch in die Stille, in die Einsamkeit, ins Nichts – und das ist schwer zu ertragen. Warten muss nicht immer einen erzwungenen Handlungsverzicht bedeuten, es kann auch Ausdruck sein für eine ganz besondere Qualität menschlichen Handelns. Wer warten kann, hat Zeit, und das ist in der heutigen Zeit in unserer westlichen Kultur etwas Besonderes. Wer sich für das Warten Zeit nimmt, kann offen, aufmerksam sein für die vielen Impulse, die ohne das Warten nicht wahrgenommen worden wären.

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